Mittwoch, 9. November 2011

Ich bin DAGEGEN!

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Es hebe bitte die Hand, wem dieses ständige Gezerre und Gereiße in der Politik auch auf die Nerven geht. Ich weiß, ich weiß, eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn alle Meinungen und Entscheidungen offen diskutiert werden und jeder schimpfen und dagegen sein kann, wie er lustig ist. Man kann es aber auch übertreiben. Zum Beispiel dann, wenn Poltiker NUR dagegen sind und so gut wie NIE eine vernünftige Alternative zu gerade diskutierten oder bereits gefassten Beschlüssen als Lösungsvorschlag liefern können. Es wird Zeit, auch mal dagegen zu sein!

Zugegeben, die gestern von CDU, FDP und CSU beschlossenen Steuererleichterungen zum jetzigen Zeitpunkt sind im Hinblick auf die zügig voranschreitende Staatsverschuldung irrsinnig und haben lediglich den leicht zu durchschauenden Zweck, dem sterbenskranken Koalitionspartner FDP einen weiteren ihrer Giftzähne zu ziehen, damit die Nervbacken endlich mal Ruhe geben. An sich keine schlechte Taktik, zumal Steuermehreinnahmen und zu viel berechnete Hypo Real Estate Schulden einen fast dreistelligen Milliardenbetrag in die Staatskassen zurückschwemmen, womit bis vor Kurzem keiner der Zahlenschieber gerechnet hatte. Da ist ein 6 Milliarden Leckerli für die vollmundige FDP doch ein Klacks, oder? Wahlversprechen hin oder her, auch der ein oder andere Steuerzahler wird sich über ein paar Hunnis Netto mehr im Jahr freuen. Das deckelt vielleicht die zu erwartenden Mehrkosten bei Gas und Strom oder ähnliches. Eine Lösung für die derzeitigen Probleme ist das sicherlich nicht, aber als ein lang ersehnter Kompromiss zwischen den dauerhaft streitenden Regierungsparteien scheint es für einen Normalsterblichen wie mich jedoch erstmal zu funktionieren. Wenigstens wäre dann für ein kleines Weilchen mal Ruhe im Regierungskarton und man hätte nicht mehr ständig das Gefühl, dass unsere Regierungsvertreter eher einem Haufen 4- bis 6-Jähriger im Streit um das beste Spielzeug gleichen.

Aber zu früh gefreut, denn schon hat die Opposition die nächste Verfassungsklage in petto. Und so wie ich das sehe, hat das nicht viel mit ihrer politischen Aufsichtspflicht zu tun, sondern eher damit, dass die Opposition der momentanen Regierung keinerlei Verschnaufpause gönnt und ihr Vorgehen behindert, wo nur irgend möglich. Schließlich findet 2013 ja die nächste Bundestagswahl statt, da will man gut profiliert ins Rennen gehen. Hauptsache dagegen, das ist die Devise. Und zwar so medienwirksam wie möglich.

Übrigens sage ich das als Nicht-CDU-Wähler und Oppositionssympathisant, letzteres zumindest im Normalfall. Ich sehe derzeit jedoch in der Politik nichts als berechnendes Herumkritteln und spöttisches Getue. Dabei wären SPD und Grüne als Spielplatzoberfuzzies in genau derselben Zwickmühle: nämlich Eurokrise, weltweite Finanzkrise, drohender Atomkrieg und nationale Querelen unter einen Hut zu bringen. Prost Mahlzeit. Kein Wunder, dass die Finanzmärkte keinen Respekt mehr vor der Politik haben, wenn ich schon Schwierigkeiten habe, den politischen Eiertanz im Bundestag noch ernst zu nehmen.

Nun ja, es mag zu viel verlangt sein, dass in Zeiten wie diesen ausnahmsweise mal Wählergunst und Profilierungssucht hinten angestellt werden. Menschen sind nunmal Menschen. Daran wird wahrscheinlich auch der möglicherweise bevorstehende Atomkrieg mit dem Iran nichts ändern. Nur dass es dann vielleicht bald keine Menschen mehr gibt, die sich ihrem Menschsein so richtig hingeben, geschweige denn 2013 den Gang zur Wahlurne antreten können.

Übrigens, ich bin dagegen! 

Dienstag, 25. Oktober 2011

Krisensalat

Man nehme ein über Jahrzehnte ordentlich hochgepeitschtes Wirtschaftswachstum mit stetig wachsenden Renditen für die Investoren, eine gute Brise Globalisierungspolitik inklusive natürlich der raschen weil zumindest erstmal gewinnbringenden Öffnung der Märkte mit einer zyklischen Anwendung und Wiederabschaffung von Regelungen, je nachdem wie lange man sich an die Fehler in der Vergangenheit erinnern mag oder als Regierungspartei gerade einen Wahlkampfschub braucht. Darüber hinaus benötigt man zunehmend komplizierte und unüberschaubare Finanzprodukte, die geldgeilen Bank- und Börsenfuzzis weitere, eigentlich unmögliche Gewinne versprechen und erst durch die enthebelten Regelwerke möglich werden.

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In einer großen Schüssel wird diese im Kern unkontrollierte Entwicklung der globalen Finanzwirtschaft durchmischt mit kurzsichtig angelegter, von geltungssüchtigen Politikern gemachter und einem Kindergartenalltag nicht unähnlicher Nationalpolitik auf allen Kontinenten. Das Ganze garniert man mit ein paar Brisen kunstvoll verschleierten Staatsschulden hier und da und ein paar Spekulationsgeschäften auf Kosten der glücklicherweise dümmlichen weil von märchenhaft hohen Renditeerwartungen geblendeten Kleinanlegern.

Et voilá, fertig ist eine schmackhafte globale Finanzkrise mit einem bitteren Abgang für die Steuerzahler und einem honigsüßen Finish für die Börsen und Banken, die weiter fröhlich Milliardengewinne verzeichnen und mit Provisionen und Dividenden nur so um sich werfen, während einfache Bürger, klein- und mittelständische Unternehmen und gar ganze Staaten dabei pleite gehen.

Zu diesem Gericht empfehle ich durch unsinnige Generalstreiks verfaulte griechische Oliven, einen italienischen Rotwein, dekantiert von Berlusconi in seinem Partydress höchstpersönlich, und feurige spanische Tapas, serviert von einem arbeitslosen Jugendlichen. 
Ich wünsche einen guten Appetit!

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Mission Aufklärung

Ob Griechenland, der Wiege Europas, noch zu helfen ist, ist mittlerweile zu einer Glaubensfrage geworden. Die deutsche Regierung, zumindest der größte Teil, glaubt fest daran und versucht krampfhaft, die Skeptiker im In- und Ausland sowie die Finanzmärkte mit ihrem Optimismus anzustecken. Bislang leider mit mäßigem Erfolg, jedoch ist es für eine 180 Grad-Wendung längst zu spät. Zu viele Kredite wurden schon nach Griechenland gepumpt, zu hoch ist das Risiko, dass eine Pleite Griechenlands, ob geordnet oder nicht, den Rest der Eurozone dramatisch beeinträchtigen könnte. Zu groß wäre der Gesichtsverlust vom Duo Schäuble-Merkel und ihrer CDU, wenn sie jetzt doch umschwenken und dem kleinen FDP-Rösler das Feld überlassen würden. Ergo, entweder der aufgeplusterte Rettungsschirm ermöglicht Griechenland, wieder auf die Beine zu kommen, ODER... man muss dann halt nochmal neu überlegen. Ein Scheitern steht außer Frage, an ein Wunder glauben allerdings nicht.
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Und während die griechische Regierung sich die Nächte um die Ohren schlägt, um die drohende Zahlungsunfähikeit im kommenden Monat doch noch abzuwenden, glaubt das griechische Volk, so scheint es, lieber nicht an Wunder.  So folgen die öffentlichen Beamten, die am stärksten von den drohenden Kürzungen im Land betroffen sind, wie Lemminge dem Aufruf der Gewerkschaften, das Land aus Protest gegen die Sparmaßnahmen erstmal lahm zu legen. Aber was dann? Was können die Griechen dadurch gewinnen? Was ist die Alternative? Kommen wieder mehr Touristen ins Land und kurbeln die Wirtschaft an, wenn keine Flugzeuge ins und aus dem Land fliegen? Behalten die Beamten vielleicht ihre Jobs, wenn Griechenland pleite geht? Werden sich die Renten wieder erhöhen, wenn Griechenland weder Geld in den Kassen noch Aussicht auf internationale Kredite hat? Wohl kaum.
Ministerpräsident Papandreou scheint bisher zumindest Eines versäumt zu haben, nämlich sein Volk über die wenig attraktiven Alternativen zu den derzeitigen Sparmaßnahmen im Detail und so oft wie nötig aufzuklären. Vielleicht sollte er ihnen aber auch nur die tägliche Lektüre der deutschen Medien verschreiben, z.B. von tagesschau.de. Dort wird unter anderem genau aufgeklärt darüber, "Was wäre, wenn Griechenland pleite ginge". Guter Artikel. Schon lange hatte ich mir eben jene Frage gestellt. Allein eine Übersetzung ins Griechische fehlt, aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Die so ausdauernd von Rösler angepriesene Staatsinsolvenz, z.B., würde innerhalb des Landes mindestens die selben Maßnahmen beinhalten, jedoch die europäischen Gläubiger, also diverse Banken, durch einen sogenannten Schuldenschnitt in die Haftung einbeziehen. Für die Griechen könnte, für europäische Anleger würde es also schlimmer kommen. Und Italien, Portugal und Co hätten ihren Präzedenzfall, mit dem sie auf die selbe Verfahrensweise pochen könnten.
Ein Staatsbankrott hingegen, also die Erkenntnis, dass wirklich gar nichts mehr geht und auch ein Schuldenschnitt der Gläubiger nicht mehr hilft, hätte tatsächlich viel drastischere Einschnitte für alle Beteiligten zur Folge: nicht nur dass Beamte ihre Jobs und Rentner und Arbeitslose ihre Zulagen verlieren, während inländische Banken und Unternehmen unter der finanziellen Last regelrecht umfallen würden. Auch die europäischen Banken und damit ihre zumeist privaten Anleger wären durch den 100-prozentigen Wertverfall der Milliardenschweren griechischen Staatsanleihen in ihren Tresoren massiv betroffen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass das Vertrauen in Europa als Staatenverbund und den Euro als ihre Währung extrem in Mitleidenschaft gezogen würde. Und was dann mit Portugal, Italien, Spanien, Frankreich oder Irland passieren würde, steht in den sprichwörtlichen Sternen.
So bleibt nur, den Leitspruch der Epoche der Aufklärung aus der Mottenkiste zu holen: „Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Was so viel heißt wie: Erst Denken, dann Handeln. Oder vielleicht auch: Selber Denken, nicht nur Mitmachen. Auf geht's!

Dienstag, 4. Oktober 2011

Auf Seite Drei gibt's noch Hoffnung

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Schuldenkrise, Rettungsschirm, geordnete Insolvenz, Griechenland - diese Buchstabenreihen haben nicht nur gute Aussichten auf eine Nominierung als Unworte des Jahres 2011. Als Themen haben sie in den vergangenen Wochen auch erfolgreich anderen bemerkenswerten Begebenheiten das Rampenlicht, sozusagen das Titelblatt, verwehrt. Erst heute und erst auf Seite Drei erfährt man in der FAZ, dem Hamburger Abendblatt und sicherlich in den meisten anderen deutschen Tageszeitungen von den seit 3 Wochen andauernden Protesten in den USA, die unter dem Motto Occupy Wall Street der Welt eine neue Revolution bescheren. Der Arabische Frühling war gestern, jetzt kommt der Amerikanische Herbst!
Fast hatte man die Hoffnung aufgegeben, dass im Heimatland der geldgeilen Börsenspekulanten und hirnlosen Tea Party Anhänger noch Menschen mit Verstand leben und nicht nur vor lauter Verdummungsmechanismen und Ohnmachtsbekundungen dahin vegetieren. Sie leben tatsächlich (noch) und einige von ihnen haben es geschafft, sich durch ihre Protestaktionen und die vorhersehbaren Gegenaktionen der Behörden, die allen Ernstes 700 Demonstranten in New York bei einer Strassenblockade festnahmen, ins weltweite Bewusstsein zu katapultieren.
Sie sind gegen "geldgierige Unternehmen, die Klimaerwärmung und die wachsende soziale Ungerechtigkeit" (FAZ, 4.10.11, Seite 2) - das sind ehrenvolle Ziele, allein an einem Programm zur Umsetzung dieser Ziele fehlt es derzeit. Dennoch kann ich nicht umhin, meinen Hut vor den Demonstranten zu ziehen. Es brauchte zwar eine nicht enden wollende Finanzkrise, eine unbelehrbare Finanzwirtschaft und eine Menschen verächtliche reaktionäre Rechte, um das Fass im satten Westen zum Überlaufen zu bringen. Aber immerhin, jemand hat den Anfang gewagt. Und nun ist sie zurückgekehrt, die Hoffnung, dass einfache Menschen ohne Geld und Beziehungen nicht aus Not sondern aus Wut und Frust die krankhaften Auswüchse der zivilisierten Welt erkennbar machen und sie so zumindest ein Stück weit verändern wollen. Längst war klar, dass ein einzelner, selbst wenn er Obama heißt und Präsident der USA ist, nicht viel erreichen kann. Denn, wie der Menschenrechtsaktivist und Demonstrant Van Jones so klug auf tagesschau.de zitiert wird: "Obama never said 'Yes, I can', he said 'Yes, WE can!'"
Also, ab auf die Strassen, Ihr zufriedenen unzufriedenen Menschen! Das ist offenbar die einzige Art und Weise, wie sowohl die Medienberichterstatter als auch die Politiker und Wirtschaftsbosse auf Euch aufmerksam werden und Eure Meinungen hören.

Samstag, 1. Oktober 2011

Eine Frage des gesunden Menschenverstands?

So. Wie war das nun eigentlich mit dem Euro und der Finanzkrise in der ganzen Welt, Europa und Griechenland? Hat nicht alles an den amerikanischen Börsen mit Leerverkäufen und überbewerteten Immobilienkrediten angefangen? Sind nicht dadurch Lehman und andere Banken ins Straucheln gekommen, pleite gegangen und haben die Lebensgrundlage und Ersparnisse etlicher Eigenheimbesitzer und Anleger in den Sand gesetzt? Und wie war das nochmal mit Griechenland? Aufgrund dieser weltweiten Finanzkrise ist doch rausgekommen, dass Griechenland jahrelang gelogen und extrem beschissen gewirtschaftet hat, oder? Und dann haben die anderen Euro-Staaten aus Angst, dass der Euro abgewertet werden könnte, einen Rettungsschirm gebastelt, worunter sich dann schnell noch ein paar andere Schuldenstaaten gestellt haben. Irland hat's geschafft, Griechenland nicht, Portugal eiert noch ein bissl rum und Italien sowieso. Und Deutschland, das stabilste der Euroländer, verbürgt sich für allesamt. Alle bemühen sich redlich, den Euro zu retten, während kräftig an den Börsen weiterspekuliert, auf oder gegen ein bestimmtes Land gewettet und dabei vor allem verdient wird. Die amerikanische Großbank Goldman&Sachs z.B. hat seit der weltweiten Wirtschaftskrise Rekordgewinne in Milliardenhöhe eingefahren. Erstaunlich, nicht? Ich zumindest, als absoluter Finanzmarkt-Laie, hätte ja das Gegenteil erwartet.
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Während sich also etliche Experten und Journalisten täglich zu Wort melden mit Kritik am Euro-Rettungsschirm und der Finanzpolitik der deutschen Regierung, ist nach Monaten, gar Jahren des Dauerstreits um den Euro vielleicht eine radikale aber wirksame Lösung notwendig. Der gesunde Menschenverstand, unbeeindruckt von wirtschaftlichen und politischen Interessen und Verwicklungen, macht meines Erachtens folgende Maßnahmen nötig:
EFSF gut und schön, aber 211 Milliarden in deutschen Staatsbürgschaften sind nun wirklich mehr als genug, mehr als vorstellbar, mehr als ein Signal an die Börsen, sich endlich wieder einzukriegen. Egal, wie viel da noch kommt, solange es Spekulanten gibt, die vor ihren Computern auf riesige Gewinne hoffen und diese ab und an auch noch bekommen, werden Bürgschaften auch nicht helfen. Stattdessen muss das Finanzglückspiel in Form von Spekulationsgeschäften an den Börsen verboten oder wenigstens durch eine Transaktionssteuer so teuer gemacht werden, dass sich das Risiko kaum lohnt. Und das weltweit, damit keine Verlagerung in andere Länder möglich ist.
Darüber hinaus sollten Banken durch z.B. Zinserlässe von Krediten an Länder kurz vor dem Staatsbankrott in die Haftung einbezogen werden, schließlich waren sie massgeblich am Entstehen der Krisensituation beteiligt. Zumal ein Staatsbankrott von z.B. Griechenland die Banken ja auch Millionen, wenn nicht Milliarden in wertlosen Staatsanleihen kosten würde. Dann doch lieber eine Art Schuldendschnitt oder wenigstens eine auch rückwirkend geltende zinslose Vergabe der Staatskredite an das Schuldenland, also ein Verzicht auf die Zinszahlungen. Dadurch würde auch verhindert werden, dass die Bürgschaften der Euroländer, insbesondere der Deutschen, durch eben jene Zinszahlungen verbrannt werden. Auch eine Steuer auf Bankenumsätze, NICHT Gewinne (da kann man zuviel rummauscheln), wäre eine Möglichkeit. Durch so eine Maßnahme hätte Goldman&Sachs allein wahrscheinlich schon lange den amerikanischen Staatshaushalt saniert.
Für mich bleibt immer wieder die Frage, warum nicht das offensichtlich Sinnvollste tun? Warum lieber den Verantwortlichen die Gewinne in den Allerwertesten schieben, ohne sie für Verluste zur Rechenschaft zu ziehen? Das würde doch Sinn machen, oder? Gesunder Menschenverstand scheint jedoch leider nicht nur unrentabel sondern auch noch unglaublich naiv zu sein.
Bleibt die Frage, was besser ist: Naivität oder Gewissenlosigkeit.

Dienstag, 27. September 2011

Wir helfen doch gern

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Was der Papst für Merkel, Rösler und Co, ist die Eurokrise für US-Präsident Obama. Etwas Ablenkung kann auf jeden Fall nicht schaden.
Seit neuestem hat Obama nämlich Angst und zeigt mit dem Finger auf Europa. Trotz seiner Behauptung, diese Angst sei in den Problemen Griechenlands und der Euro-Krise begründet, ist es für einen vernünftig denkenden Europäer ziemlich offensichtlich, dass er eher Angst vor seinen eigenen Landsleuten hat. Die sollen ihn nämlich bald wieder wählen. Jedoch hat der Demokrat Obama momentan kaum gute Argumente, die seine Wiederwahl in einem zunehmend unregierbaren Land rechtfertigen würden. Die US-Wirtschaft stürzt von einer Katastrophe in die nächste: vor kurzem noch konnte man die Zahlungsunfähigkeit der Weltmacht USA abwenden, da gibt es doch wirklich dreiste Rating-Agenturen im eigenen Lande, Nestbeschmutzer sozusagen, die die Kreditwürdigkeit des Landes in Frage stellen und gar abwerten. Zudem machen die Republikaner ihrem Hassgegner Obama bei jeder Gelegenheit das Leben und vor allem seine Präsidentschaft so schwer wie möglich, insofern sei ihm ein Lichtblick gegönnt. Wenn man verzweifelt ist, schiebt man nun mal gern den schwarzen Peter einem anderen zu, auch wenn die künstlich verschaffte Verschnaufpause nur von kurzer Dauer ist und man damit die Länder eines ganzes Kontinents gegen sich aufbringt.
Mr Obama, Sie und Ihre Regierung mögen das exzessive Drucken von Dollarscheinen ohne vorhandenen Gegenwert und die Anhäufung weiterer Schuldenberge für die Lösung aller Probleme halten. In Europa dagegen versuchen wir aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Inflation und Schulden halten wir für kurzsichtig, stattdessen diskutieren wir lieber die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Einbeziehung der Banken als Teil einer möglichen Lösung des ganzen Schlamassels. Ein Schlamassel, übrigens, der durch die verantwortungslosen Machenschaften amerikanischer Banken überhaupt erst entstehen konnte.
Wir helfen jedoch gern. Wenn Ihnen solche Ablenkungsmanöver für die gefrässigen Medien und Ihre launischen Wähler genügend Luft verschaffen, um Ihre Position im eigenen Lande gegenüber den streitlustigen Republikanern wieder etwas zu stärken, dann bitte. Der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel. Vielleicht könnten Sie morgen die Menschenrechtslage in China ansprechen. Damit wäre wahrscheinlich ein weiterer Tag gewonnen. Die Russen brauchen danach bestimmt auch Ihren Rat, was demokratische Wahlen und so angeht. Ach, da lassen sich noch genug finden, denen Sie ungefragt Ihre zweifellos gut gemeinten Ratschläge geben können. Auf ein Neues!

Freitag, 23. September 2011

Zwischen Popst und Politik

Mindestens zwei deutsche Politiker werden Gott bzw. seinem Vertreter auf Erden, dem Papst, für dessen Besuch in Deutschland für immer und ewig dankbar sein: nach Wochen, gar Monaten negativer Medienberichte können Merkel und vor allem Rösler dank dem umstrittenen Papstbesuch endlich eine mediale Verschnaufpause einlegen. Endlich gibt es in der Presse mal ein anderes Topthema als Euro-Rettung und Regierungskrise. Man fragt sich schon, wo die beiden abgeblieben sind, so still ist es derzeit um sie geworden. Möglicherweise gibt es morgen in der Bild-Zeitung die ersten Schlagzeilen: "Skandal beim Oktoberfest: Rösler tanzt nackt mit Merkel auf den Tischen". Na dann Prost!
Dabei ist es schon erstaunlich, wie der Papst nach sechs relativ unspektakulären Amtsjahren die Gemüter der Deutschen plötzlich zu bewegen vermag. Ausgelöst durch die Einladung an den Papst, während eines Deutschlandbesuchs eine Rede im Bundestag zu halten, kündigten um die 100 Parlamentarier der Opposition an, die Rede zu boykottieren. Ein religiöser Würdenträger habe auf der weltlichen Regierungsbühne nichts zu suchen. Daraufhin konnten sich die christlichen (und etwas kleinlauteren liberalen) Regierungsparteien nach einer langen Durststrecke endlich mal wieder am vermeintlichen Fehlverhalten ihrer politischen Gegner gütlich tun. Immerhin ist der Papst ja auch das Regierungsoberhaupt des Vatikans und insofern auf jeden Fall berechtigt, den Bundestag mit seinen Sichtweisen zu erhellen. Und während der Papst eine unerwartet harmlose und im Hinblick auf die Erwartungen tatsächlich enttäuschende Rede vor den restlichen Regierungsvertretern und einem Haufen "Ehrenamtlicher" hielt, liefen 9000 Kirchenkritiker, Schwule, Lesben und Missbrauchsopfern auf einem Protestmarsch durch die Hauptstadt, um ihrem Unmut gegen den Papst Luft zu machen. Gegen seine Ignoranz gegenüber der Ökumene, seine Sanktionierung von Homophobie, seine Ablehnung von Kondomen als Schutz vor Geschlechtskrankheiten, seine Tatenlosigkeit gegenüber Missbrauchsopfern, kurzum gegen eine rückwärtsgerichtete katholische Kirche. Gekrönt wurde dann der gestrige Tag durch eine Messe der Superlative im Berliner Olympiastadion, die den Papst eher wie einen Popst(ar) inszenierte.

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Da wundert es kaum mehr, dass ein Teil der Berichterstattung nach tagelanger kritischer Betrachtung des Papstbesuchs nun nahezu missionarisch daher kommt. Ein Spiegel Online Artikel z.B. berichtet über einen Papst-Fan, der seinem vorherigen Lotterleben abgeschworen hat, um Priester oder gar Mönch zu werden, denn "Der Herr ist mit den Sündern". Bei Zeit Online wird "mit dem Papst" gefeiert und ausschließlich die Glückseligkeit von singenden Jugendlichen, gottesfürchtigen Müttern und sogar von frommen Schaulustigen in einer Neuköllner Kirche beschrieben, die alle nur das eine wollen: den Papst mit eigenen Augen sehen und eine Messe mit ihm erleben. In einem anderen Zeit Online Bericht kommt die Redakteurin zu dem erstaunlichen Schluss "Auch Päpste können vernünftig sein" und erteilt den Papstkritikern, die sie "Dogmatiker aller Lager" nennt, eine fette Absage. Der Papst hätte im Bundestag ein "einsichtiges, sachliches, bescheidenes, versöhnliches, kluges – mit einem Wort: vernünftiges Auftreten" an den Tag gelegt und zwei "ganz große Menschheitsthemen" in seiner Rede in den Mittelpunkt gestellt. Vernunft und Gerechtigkeit, das sind in der Tat wichtige Themen, jedoch hat eine philosophische, mit Bibelzitaten gespickte Abhandlung über diese Begriffe und ihr Verständnis nichts zu tun mit der Realität in der modernen Welt: wo ist die Vernunft in der Verdammung von Kondomen als Verhütungsmittel, wenn es im religiösen Afrika kaum kontrollierbare Überbevölkerung, Hungersnöte und Millionen AIDS-Infizierte gibt? Worin besteht die Gerechtigkeit, wenn katholische Priester sich an ihren Schützlingen vergehen? Was haben heutzutage Vernunft und Gerechtigkeit mit Homophobie und der vermeintlich "natürlichen Stellung der Frau" zu tun? Das päpstliche Verständnis dieser beiden Werte, Vernunft und Gerechtigkeit, ist nun mal geprägt von dem Jahrtausende alten und mittlerweile extrem realitätsfernen Dogma der katholischen Kirche und hat in diesem Sinne im politischen Alltag der modernen Welt keine Relevanz. Zumindest solange, bis die katholische Kirche, allen voran der Papst, ihre philosophischen Gedankengänge endlich mit den realen Problemen in der Welt verknüpft und zu wahrhaft vernünftigen Schlussfolgerungen kommt: der offene und willkommene Dialog der Kirche mit anderen Konfessionen, kostenlose Verhütung für alle, die es nötig haben, Gleichberechtigung von Homosexuellen und Frauen in der Gesellschaft und der Kirche und Entschädigungen für diejenigen, die von katholischen Priestern missbraucht und gequält wurden.
Zum Glück gibt es genügend Redakteure bei Zeit, Spiegel, Stern und Co, die die Ereignisse mehrdimensionaler betrachten können und interessante Interviews und Berichte schreiben. Besonders der Witz über die Toleranzprobe des Papstes hat es mir angetan: "Benedikt trifft in Berlin auf einen katholischen Geschiedenen, eine protestantische Pfarrerstochter und einen schwulen Bürgermeister". Gemeint sind natürlich Bundespräsident Wulff, FRAU Kanzlerin Merkel und Berlins SCHWULES Oberhaupt Wowereit. Die Ironie dieser Begegnungen versöhnt mich dann schon wieder, obgleich die offensichtliche Heuchelei, die dahinter steckt, fast das nächste Fass zum Überlaufen bringt.
Es ist aber beruhigend zu wissen, dass nächste Woche wieder alles beim Alten sein wird: Merkel und Schäuble gegen Rösler und Seehofer, Opposition gegen Regierungsparteien, Herbst gegen Spätsommer, Europa gegen den Rest der Welt. Es bleibt spannend.

Mittwoch, 21. September 2011

Was hat Gott damit zu tun?

Dass die USA seit geraumer Zeit massive Probleme hat, sowohl innen-, finanz- als auch außenpolitisch, ist nun wahrlich kein Geheimnis. Man mag es auf den 11. September schieben oder vielleicht doch eher auf Bush's Reaktion darauf, Fakt ist allerdings, dass sich die goldenen, weltherrschaftlichen Zeiten des nordamerikanischen Staates dem Ende zu neigen. Nicht zuletzt weil erzkonservative, reaktionäre und bibelfeste Kräfte innerhalb des Landes clever genug sind, die Ängste und Sorgen der Bevölkerung bzw. die Ängste und Sorgen der größten Wählerschicht für ihre Zwecke zu nutzen. Nehmen wir Rick Perry, Republikaner mit Leib und Seele und erbitterter Gegner Obamas:
Rick Perry denkt... Bildquelle

Eine allgemeine Krankenversicherung? No way, das ist für die Mittelschicht zu teuer! Dafür gibt es zu viele Arme und Kranke im Land. Das geht nicht. Besser das bleibt ein Privileg für diejenigen mit genug Geld, um sich Gesundheit leisten zu können.
Finanzmarktregulation durch eine weltweite Finanztransaktionssteuer? Oh my God, völlig ausgeschlossen. Die armen Spekulanten, die armen Banken, sollen sie denn wirklich bluten für den Unfug, den sie die ganze Zeit an den Börsen treiben? Nein, das können wir nicht verantworten! Wer bezahlt uns denn sonst unseren Urlaub auf Hawaii?
Eine Reichensteuer? Are you crazy? Ist Obama womöglich zu den Kommunisten übergelaufen? Was hat Gleichberechtigung im Steuerrecht zu suchen? Nee, nee, nee, so ein populistischer Mumpitz geht doch auf keine Kuhhaut. Am Ende sollen die Senatoren und Regierungsabgeordneten ebenfalls die erhöhten Steuersätze zahlen und das damit verdiente Geld wird für soziale Projekte ausgegeben. Phah!
Palästina in der UNO? Unthinkable! Denkt nur an die ganzen Terroristen, die dort für die Unabhängigkeit ihres Staates von Israel kämpfen. Diese Palästina-Kuschelpolitik ist doch nur darauf aus, den Gaza-Streifen endlich zu befrieden. Aber wer kauft dann unsere hochmodernen Waffen? Wer braucht uns dann noch als Verbündeten und Schützenhilfe in letzter Not? Achso ja, Afghanistan, Irak und so. Aber mal ehrlich, wir lieben es doch, wenn sich alle miteinander streiten. Wir sind doch so gern der lachende Dritte. Unter den Umständen, lieber nicht. Lieber wieder mit Israel, dem Oberstreithahn, kuscheln. Das bringt mehr Freude und mehr Profit!
Nun gut, wenn's denn unbedingt sein muss, machen wir zumindest dieses eine Zugeständnis: Schwule und Lesben im US-Militär dürfen sich ab jetzt offen zu ihrer sexuellen Neigung bekennen, ohne Angst haben zu müssen, gefeuert zu werden, wie die 14.000 ehemaligen Armeeangehörigen, die seit 1993 aufgrund ihrer sexuellen Vorlieben den Dienst quittieren mussten. Don't ask, don't tell war gestern, aber sagt nicht, wir hätten euch nicht gewarnt! Denn jetzt wo jeder kann, wie er oder sie will, machen die das vielleicht auch noch ganz offen. Sex überall! Sodom und Gomorrha! Eieieieieiei, wir haben's doch gleich gewusst. Das wird böse enden. Gibt's nicht noch irgendwo einen Krieg, wo wir die alle hinschicken können?
Aber zum Glück haben wir die Tea Party, die wird das schon wieder richten. Wenn Obama erstmal besiegt ist, drehen wir alles wieder so hin, wie wir Republikaner das wollen. Das einzig Blöde ist, dass die Tea Party Weiber so OFFEN dumm sind und noch dazu weiblich! Nicht dass wir zu allem Übel noch eine weibliche Präsidentin bekommen!
OH MY GOD!

Freitag, 16. September 2011

Deutschlandtrend - Wie die Fähnchen im Wind

Glaubt man den Statistikern der ARD, die fleißig Daten sammeln und diese regelmäßig auswerten, schwingen einige Deutsche - aktuell immerhin 2 Prozent, was einer Zahl von ca. 120.000 Wahlberechtigten entspricht - wie die Fähnchen im Wind hin und her. Hin zur Antipathie und her zur erneuten Sympathie mit der FDP. Abhängig ist das vom launischen Hauch, der aus der FDP-Zentrale in der Hauptstadt weht. Ist man dort gerade eins oder uneins mit dem Koalitionspartner CDU? Ist man diese Woche für oder gegen Eurorettung durch Griechenlandhilfen, Steuererhöhungen oder Sparmaßnahmen?

Bildquelle: Tagesspiegel und DDP
Rösler, Lindner und Co., die jungen Wilden mit liberalem Schlips, Kragen und vollmundig leeren Phrasen, haben sich offenbar momentan zum wiederholten Mal dazu entschieden, dem eigenen Regierungspartner Kontra zu geben und die aktuelle Griechenland-Debatte noch mehr mit medial ausgefochtenen Wortgefechten zu würzen. Der Grund: die stetig fallenden Umfragewerte der vergangenen Wochen, die kürzlich bis auf mickrige 3 Prozent gefallen waren.
Und diese neuerlich erworbene, Europa-kritische Haltung kommt an. Zumindest bei den zusätzlichen 2 Prozent der Befragten, die die liberale Partei wieder auf dem richtigen Kurs wähnen. Wohin allerdings führt dieser Kurs? Dabei muss man womöglich unterscheiden zwischen dem erwünschten und dem reellen Ziel. Ersteres ist vielleicht die Weltherrschaft, letzteres aber auf jeden Fall die politische Disqualifikation durch unberechenbare Manöver, die national und international zu unnötigen Turbulenzen führen.
Zugegeben, an dieser Fähnchen-Krankheit, die nicht nur die FDP-Wähler sondern auch die Partei selbst befallen hat, leiden viele Parteien. Eigentlich alle Parteien, die je an der Regierung beteiligt waren, sind oder sein werden. Die meisten jedoch können die Symptome etwas abschwächen und somit ihre Glaubwürdigkeit besser schützen: z.B. durch weniger bzw. seltenere drastische Kurs- und Meinungswechsel. Mediale Bescheidenheit könnte gelegentlich auch helfen, wobei das böse B-Wort sicherlich nicht Teil des politischen Verständnisses der Liberalen ist.
In Zukunft wird sich wohl jede Regierungspartei genau überlegen, mit wem sie sich verbündet, um gemeinsam Politik zu machen. Die FDP wird sicherlich niemand mehr zu Koalitionsgesprächen einladen. Dafür, Herr Rösler, haben Sie sich höchstselbst zu danken. Ich gratuliere.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Die Macht der Meinung

Rupert Murdoch ist weltweit die Nummer Eins unter den Meinungsmachern. Und warum? Er ist der Kopf des größten Medienimperiums der Welt. Fast ein Berlusconi der globalen Medien. Fehlt eigentlich nur noch, dass er offiziell den Titel Weltherrscher bekommt. Nahezu überall und in fast jedem Land macht er sich seine druckerschwarzen Fingerchen noch schmutziger. Und das mit Erfolg. Aber vielleicht nicht mehr lange.

Bildquelle: flickr.com, DonkeyHotey
Der aktuelle Skandal über das traditionsreichste von Murdoch's Blättchen, die "News of the World", bringt einiges an die Oberfläche, allerdings wundert mich, wie überrascht sich alle möglichen Leute von den kreativen Informationsbeschaffungsmaßnahmen zeigen, sind doch diese Praktiken bestimmt mehr Gang und Gäbe in der Branche als es den Anschein hat. Gut, mobile Anrufbeantworter von einer später getöteten Entführten zu hacken und Nachrichten sogar zu löschen, dürfte selbst die härtesten unter den Medienschaffenden schocken. Aber niemand kann mir erzählen, dass Abhöraktionen und Schnüffelei in den intimsten Bereichen der in der Öffentlichkeit stehenden Menschen nicht zum täglich Brot von Bild, Gala und Co gehören. In dem heißen Kampf um Leser und Zuschauer muss man nun mal moralische Opfer bringen, nicht zuletzt weil sich Otto Normalverbraucher für die best gehütetsten Geheimnisse und schockierendsten Neuigkeiten am meisten interessiert. Eine Schlagzeile wie "Bohlen ist impotent" in der Morgenpost würde sehr sicher die Auflage der Zeitung an dem Tag um ein Vielfaches steigern und alle anderen würden erstmal dumm in die Röhre schauen. Zumindest bis sie an einem der folgenden Tage die nächste unerhörliche Nachricht auf der Titelseite präsentieren. Und so geht das Gerangel um die Schlagzeile mit der größten Effekthascherei weiter und immer weiter. Alles im Namen des Profits. Und alle, die in der Öffentlichkeit stehen, versuchen sich dem entweder so weit wie möglich zu entziehen, zu schweigen, abzuwiegeln ODER offensiv mit den Medien umzugehen, in der Hoffnung, dass Neuigkeiten eher positiv als negativ kommentiert werden oder zumindest der "ehrliche Umgang" mit der jeweiligen Enthüllung als entlastend dargestellt wird und das öffentlich Image nicht allzu sehr darunter leidet.

Das an sich ist alles nichts Neues. Lustig allerdings finde ich, dass sich eben jene Medienmacher empört geben und so tun, als wären sie sich ihrer Macht nicht bewusst. So las ich heute morgen auf tagesschau.de einen Kommentar von Stephan Lochner, der sich fragt, warum Politiker wie Gordon Brown sich erst jetzt zu Wort melden und ihre Erfahrungen mit den Medien mit der Öffentlichkeit teilen. Sein Fazit: die Politiker haben Angst. Angst vor den Medien. Angst davor ihr Wohlwollen zu verlieren. Denn das Wohlwollen der yellow press, also der sogenannten Regenbogenpresse, heißt, dass man vom Großteil der Bevölkerung auch wohlwollend wahrgenommen wird. So kann man dann Wahlen gewinnen - oder verlieren, Erfolg haben - oder nicht, Geld verdienen - oder halt nicht.

Warum aber wundert sich Herr Lochner darüber, dass britische Politker im Normalfall mit den britischen Medien "kuscheln" (ein Umstand der sicherlich nicht nur für die Briten gilt)? Und eigene schlechte Erfahrungen aus Angst vor noch mehr schlechten Erfahrungen für sich behalten? Für mich ist das sehr gut nachvollziehbar. In einem Käfig voller Haie will man ungern zum Mittagessen werden. Vor allem, wenn man sein Privatleben und seine Familie schützen möchte. Menschlich. Sehr menschlich. Warum sollte es da Politikern anders gehen als uns Normalos.

Herr Lochner scheint seine Macht als Meinungsmacher selbst extrem zu unterschätzen, denn auch wenn er als Auslandskorrespondent in London sitzt, werden deutsche Politiker vor ihm und seinen Kommentaren genauso viel Angst haben wie die Briten vor Murdoch's Brut. Das ist einerseits nicht so gut, weil sie dann Dinge sagen und tun oder ankündigen, die sie eigentlich nicht so meinen oder dann doch nicht tun, andererseits allerdings ist das ja auch genau die Aufgabe der Medien: den Politikern auf die Finger klopfen und ihre Handlungen überwachen. Ein bisschen weniger Voyeurismus und Effekthascherei für die Schlagzeile wäre allerdings angebracht.

Diese ganze Geschichte zeigt aber auf jeden Fall wieder einmal, dass moralische Verwerflichkeit und Korruption wunderbarerweise doch irgendwann ans Licht kommen. Das wird niemanden davon abhalten, in Zukunft moralisch verwerflich zu handeln oder korrupt zu werden, aber es ist mir Genugtuung genug zu wissen, dass alles oder zumindest das meiste irgendwann rauskommt und sogar ein Medienimperium wie Murdoch's und somit sein Einfluss und seine Macht wieder schwinden kann. Und insofern hat ja beim aktuellen Skandal die Selbstüberwachung der Medien sehr gut funktioniert. Finally.

Dienstag, 12. Juli 2011

Verkehrte Welt

Erstaunlich, dass Zeit Online eine eigens für das "Schlagwort" Finanzkrise eingerichtete Seite erstellt hat, damit man auf einen Blick und chronologisch alle Nachrichten zu diesem Thema abrufen kann. Das nenn ich mal Service. So weiß ich jederzeit und überall, wie beschissen es um die europäischen Finanzen steht. Nichts wichtiger als das.

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Erstaunlicher noch finde ich jedoch, dass man unter diesem Schlagwort ziemlich lange suchen muss, um einen Artikel zu finden, der sich ausnahmsweise mal nicht mit dem Rettungspaket für Griechenland beschäftigt, sondern vielleicht mal mit den Geschäftspraktiken der Banken und Finanzmakler, deren Geldgier und Geltungssucht ja maßgeblich zu ebenjener lustigen Krise beigetragen haben. Offensichtlich interessiert die Welt eher die minütlichen Updates und Kommentare über die neuesten Entwicklungen in Griechenland als der Fakt, dass trotz allem just in diesem Moment zu Gunsten des maßlosen Profits wertlose Kredite und Anteile von Kleinanlegern und Häuslebauern wissentlich und geldgierig verschachert werden. Hauptsache ich bin nicht der Dumme. UND werde dafür auch noch belohnt.

Also entweder bin ich das oder die Welt tickt nicht mehr ganz richtig.

Ich frag mich übrigens, ob der Begriff Frauenfußball bei Zeit Online auch eine eigene Schlagwortseite bekommen hat... (Naja, niemand ist perfekt, wa!)

Montag, 11. Juli 2011

Die Motivation es besser wissen zu wollen als andere Besserwisser

Vor einiger Zeit zog es mich aus der hippen Hauptstadt in den biederen Norden, wo ich nicht nur die Liebe sondern auch mehr Arbeit fand. Neben Freunden, Familie, Kiez, netten Kneipen und leckeren Thai-Restaurants vermisste ich anfangs am meisten das oft schräge aber stets informative Programm von radioeins. Einen ähnlich coolen Sender mit ähnlich gutem Geschmack und ähnlich abwechslungsreichem Programm gibt es in Hamburg leider nicht. Stattdessen allerdings kann man NDR Info hören mit haufenweise Nachrichten, aktueller Berichterstattung und Reportagen rund um die Uhr.

Nicht nur, also, dass ich hier durch Familienplanung und Selbstständigkeit die schleichende Krankheit Erwachsenwerden bekam, nein, nun wurde ich auch noch ein Nachrichten-Junkie und zwar einer von der übelsten Sorte: ein Nachrichten-Junkie mit einer eigenen Meinung, einer der alles besser wissen will. Phah! Und so kam es, dass ich beim Frühstück, beim Autofahren, beim Arbeiten, beim Puscheln und beim Putzen die Informationen der Nachrichtenflut nicht nur verarbeitete und ab und an kommentierte, sondern auch noch ernsthaft anfing die Art und Weise, wie über bestimmte Dinge berichtet wird, zu hinterfragen, mich immer öfter zu wundern und stellenweise auch zu ärgern. Obgleich der NDR sicherlich zu den besseren unter den öffentlich-rechtlichen Sendern gehört, ganz zu schweigen von den privaten, ist selbst dieser Sender manchmal nicht in der Lage, aktuelle Themen objektiv, informativ und ausgewogen anstatt einseitig und fast vorwurfsvoll darzustellen und somit die Meinung der Hörer zu beeinflußen.

Selbstverständlich ist das Ansichtsache. Aber nehmen wir ein Beispiel: die deutsche Frauenfußballnationalmannschaft, laut Wikipedia die weltweit erfolgreichste Frauenfußballmannschaft neben den USA. Letzte Woche noch waren sie eine spielerisch überragende Mannschaft, die die schönen Französinnen in Grund und Boden gespielt hatte. Eine Mannschaft mit einer blendenden Zukunft, eine Mannschaft mit Profil und einer cleveren Trainerin, eine Mannschaft, die dem Fußballsport alle Ehre macht. Seit die Fußballfrauen jedoch am Samstag von den Japanerinnen aus dem Viertelfinale und damit leider auch aus dem Olympiakader gekickt wurden, wird plötzlich nur noch über Kritik an der Trainerin, enttäuschte Fans und dem vergeigten Sommermärchen berichtet. Plötzlich war die deutsche Mannschaft "nie richtig im Wettkampfspiel um die Weltmeisterschaft angekommen" (aus einem vom NDR zitierten Kommentar einer deutschen Tageszeitung, genauere Info leider nicht mehr gefunden). Plötzlich waren die deutschen Frauen dem Druck nicht gewachsen. Plötzlich wird alles und jeder in der Mannschaft in Frage gestellt. Dass so ein Tor im Fußball manchmal auch einfach nur eine Glückssache ist bzw. in diesem Fall eher eine Pechsache, dass auch die Schiedsrichter(innen) nicht perfekt sind und Fehler machen, dass die Medien- und Eventmacher überhaupt erst den übertriebenen Hype und die zu hohen Erwartungen kreiert haben, um soviel Geld wie möglich damit zu verdienen, dass die Veranstaltung selbst bisher eigentlich ein grandioser Erfolg war und auch die Fans ihren Spaß daran haben, über all das wird nicht gesprochen. Stattdessen werden Schuldige gesucht, gefunden und an den Pranger gestellt. Eigentlich haben wir es ja auch schon immer gewusst: die deutschen Frauen können einfach nicht Fußball spielen. Irgendjemand sollte wirklich dringend diesen Wikipedia-Eintrag ändern.

Nun ist NDR Info ja eher eine Art Schaltzentrale für alle möglichen Nachrichten aus allen möglichen Quellen. Aber auch die Auswahl der Quellen und Zitate spiegelt eine Meinung wider und ist an sich schon ein Kommentar zu dem jeweiligen Thema.

Lange Rede, kurzer Sinn, ich habe mich entschlossen, diesem Trend entgegen zu wirken und zumindest die meiner Meinung nach einseitigen Darstellungen zu kommentieren, um der Nachrichtenwelt in meinem kleinen Universum ein wenig Dreidimensionalität zurück zu geben. In Zukunft auch etwas geraffter. Versprochen.

Natürlich hoffe ich, dass es da draußen noch viel mehr bessere Besserwisser gibt, die meine subjektiven Kommentare ebenfalls kommentieren. Lasst uns interagieren!

In diesem Sinne, ATTACKEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!